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Thema: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

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  1. #1

    Standard Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Liebe UserInnen,

    ich starte noch einmal einen Versuch zum Thema des Monats und hoffe, dass das Thema vielleicht einige zum Schreiben anregt: Spielsucht und Schuldgefühle.

    In der Arbeit mit Betroffenen spielt das Thema Schuldgefühle häufig eine Rolle. Einerseits entstehen oft Schuldgefühle gegenüber Angehörigen, wenn beispielsweise Geld verspielt wird, was dann in der Familie fehlt oder auch aufgrund von Lügen und Verheimlichung, die Folgen des Spielverhaltens sind. Andererseits berichten Betroffene auch oft von Schuldgefühlen, die sie sich selber gegenüber haben, wenn sie sich fest vornehmen nicht mehr zu spielen und dann trotzdem wieder vor dem Automaten oder einem anderen Spielmedium landen. Diese Kontrollverluste, die ein Teil des Krankheitsbildes sind, führen auch häufig zu Schuld- und Schamgefühlen bei Betroffenen, weil sie immer wieder das Gefühl haben an sich selber und ihrer Suchterkrankung zu scheitern. Diese Erfahrungen führen häufig dazu, dass das Selbstwertgefühl und das Selbstwirksamkeitsgefühl (selber etwas in seinem Leben bewegen und verändern zu können) stark abnehmen.

    Auch aus Sicht der Angehörigen finde ich das Thema relevant, da diese sich oft durch das Verhalten der Betroffenen (Lügen, Verheimlichen, ...) verletzt fühlen. Manche Angehörige reagieren dann mit Vorwürfen auf diese Verletzungen, welche wiederum die Schuldgefühle der Betroffenen verstärken können.Für sie ist es dann schwer, zu verzeihen und Vertrauen erneut aufzubauen, da sie häufig Angst haben, wieder verletzt zu werden.

    In der Beziehung zwischen Angehörigen und Betroffenen entstehen so häufig negative Kommunikations- und Verhaltensmuster, die von Schuld- und Schamgefühlen, Misstrauen, Vorwürfen und gegenseitigen Verletzungen geprägt sind. Aus diesen Mustern auszusteigen ist häufig nicht so einfach, kann nach meiner Erfahrung aber gelingen, evtl. auch mit Unterstützung von Außen.

    Mich interessiert, wie eure Erfahrungen mit dem Thema sind und freue mich auf eure Antworten.

    Liebe, sommerliche Grüße aus Neuss

    Katharina Weege
    (Fachstellenteam)
    Geändert von Katharina Weege (19.07.2013 um 11:45 Uhr)

  2. #2
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    121

    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Hallo Katharina,

    120 Aufrufe - und keine einzige Antwort...

    Nun, ich schreibe jetzt nicht nur, weil ich einen Gefallen tun möchte. Ich fürchte, das Forum dient derzeit nicht zum Austausch, aber anscheinend lesen doch reichlich Menschen nach wie vor hier und können dadurch vielleicht Hilfe finden oder nur Klarheit für ihre Gedanken und Gefühle.

    Ich für meinen Teil finde Klarheit auch durchs Schreiben - und kann zu dem Thema etwas beitragen.

    Mein Partner spielt seit Monaten nicht mehr. Es gab vielleicht ein oder zwei Rückfälle, die mit sehr geringen Einsätzen daherkamen und deshalb finanziell verschmerzbar waren. Ebenso waren sie verschmerzbar, weil es Einzelfälle waren, die die Spielfreiheit nur sehr, sehr kurz unterbrochen haben (nämlich für weniger als 15 Minuten...).

    Was bleibt, sind Probleme, die durch einerseits nicht gelingende Kommunikation und (dabei eine große Rolle spielende) festgefahrene Konfliktmuster auftreten, so wie Du es beschrieben hast.
    Interessanterweise ist das Thema Spielen auch vor der Spielfreiheit kaum noch ein Thema gewesen, das zu großen Konflikten führte. Ganz im Gegenteil: Wir haben gelernt, darüber ruhig und sachlich zu reden - vielleicht war dies auch nur möglich, weil genau die von Dir thematisierten Schuldgefühle nicht mehr nötig waren.

    Zitat Zitat von Katharina Weege Beitrag anzeigen
    In der Beziehung zwischen Angehörigen und Betroffenen entstehen so häufig negative Kommunikations- und Verhaltensmuster, die von Schuld- und Schamgefühlen, Misstrauen, Vorwürfen und gegenseitigen Verletzungen geprägt sind. Aus diesen Mustern auszusteigen ist häufig nicht so einfach, kann nach meiner Erfahrung aber gelingen, evtl. auch mit Unterstützung von Außen.
    Leider tauchen genau diese negativen Muster bei uns in Konfliktsituationen auf. Ich habe Hoffnung, dass wir tatsächlich daraus aussteigen können, wenn beide es wollen. Ich selber habe aus dem beruflichen Bereich einiges darüber gelernt - ob ich grundsätzlich alles anwenden kann, was mir in der Theorie bewusst ist, bezweifle ich aber...

    Hilfe von außen haben wir bzw. ich schon und so bin zwar meistens ich diejenige, die sich mit Möglichkeiten (und sich selbst) mehr beschäftigt, aber bis zu einem gewissen Grad kann ich damit leben - nämlich solange, wie ich sehe, dass Erfolge dadurch schaffbar sind, dass beide! Erfolge wollen und bereit sind, an sich zu arbeiten.

    Ich hoffe, dass uns die Grundlagen der gewaltfreien Kommunikation helfen können und suche gerade nach einem einfachen Zugang dazu, der die Möglichkeit bietet, mit wenig Aufwand diese Formen einzuüben. Also eine einfache Darstellung, die nicht mit viel Drumherum daherkommt und gleichzeitig kurze und verständliche Leitlinien an die Hand gibt. In meinen Augen macht die Selbstreflektion ja schon den meisten Aufwand - da muss das theoretische Gerüst nicht auch noch aufwändig sein...

    Knapp am Thema vorbei, oder?!
    Ich glaube eigentlich nicht, denn vielleicht spielen gerade die negativen Kommunikationsmuster in Konflikten bei uns eine so große Rolle, weil sie die gleichen Voraussetzungen und Begleiterscheinungen beherbergen wie eine Spielsucht? Schuldgefühle, Misstrauen, Vorwürfe, Verletzungen, Manipulation, nicht erfüllte Bedürfnisse... Und vielleicht auch, weil uns die Zeit mit Spielen in dieser Weise geprägt hat?

    Eine gute Zeit wünscht
    Kate

  3. #3
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    49

    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Ja die "Schuldgefühle"; ich versuche sie zu verstehen, aber in dem Moment, wo mein Mann wieder gespielt hat, kann ich es nicht !
    Er hat oft gesagt, das er die "Schuld" nicht ertragen kann u. deswegen manchmal auch gespielt hat.
    Was ich nicht mehr ertragen kann, sind die ewigen Lügen. Wenn ein Spieler rückfällig wird ist es das eine, wenn der Angehörige aber über Tage/Wochen/MOnate angelogen wird, ist es was anderes.
    Ich weiß es gehört zum Krankheitsbild dazu, aber es ist für mich als Angehörige schwer zu ertragen/zu verstehen.
    Man sollte es nicht persönlich nehmen u. tut es doch. Weil es schmerzt wahnsinnig!

    Für mich als Angehörige ist es das Schwierigste ! Ich kann auch nicht mehr erkennen, ob ich meinen Mann oder den Spieler vor mir habe !
    Tut weh u. es ist wahnsinnig schwierig, damit zu Recht zu kommen

    Nicole

  4. #4

    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Liebe Kate, liebe Nicole,

    ich freue mich, dass Ihr mit dem Thema Schuldgefühle etwas anfangen könnt und hoffe, dass von den inzwischen 194 Klicks vielleicht noch mehr in die Diskussion einsteigen (vielleicht auch Betroffene, da wir deren Meinung bisher nicht vertreten haben).

    @ Kate: Schön, dass Du für dich Klarheit durch das Schreiben erlangst und andere auch daran teilhaben lässt. Ich finde nicht, dass Du am Thema vorbei schreibst, da Du auf eure negativen Kommunikationsmuster eingehst, die meiner Meinung nach häufig auch mit dem thema Schuldgefühl zusammen hängen. Wenn ich dich richtig verstanden habe, habt ihr ja schon gelernt, konstruktiv und ruhig über das Thema Spielen zu sprechen. Das ist ja schon mal ein sehr großer Schritt. Da würde mich interessieren, was ihr genau verändert habt. Vielleicht kann man diese Veränderungen ja auch auf andere Konfliktthemen ausweiten? Deine Idee, die Gewaltfreie Kommunikation als Grundlage zu nehmen, finde ich gut. Ich schaue mal nach, ob ich etwas praxisnahes zu dem Thema habe, was kurz, knackig und gut umsetzbar ist (brauche ich allerdings ein paar Tage für). Dass Selbstreflexion einen großen Anteil an gelingender Kommunikation hat, sehe ich auch so. Entscheident ist aus meiner Sicht auch, dass man in der Lage ist, eigene Bedürfnisse und Wünsche wahrzunehmen, diese klar und möglichst Vorwurfsfrei zu benennen und sich auch in die Sichtweise des Gegenüber hineinversetzen/fühlen zu können.

    @ Nicole: Du scheinst von den Lügen und dem Vertrauensbruch deines Partners noch sehr verletzt zu sein, auch wenn Du vom Kopf her weißt, dass es ein Teil des Krankheitsbildes sein kann (Kopf und Herz haben manchmal ein unterschiedliches Tempo). Ich vermute, dass dein Partner aktuell noch spielt oder zumindest noch nicht lange spielfrei ist oder Du bisher wenig Gelegenheit hattest, die Verletzungen zu verarbeiten? Du schreibst, dass es für dich schwierig ist damit zurecht zukommen. Meinst Du damit, ihm zu verzeihen und neues Vertrauen aufzubauen? Dann würde ich deine Schwierigkeit auch als Schutz vor neuen Verletzungen deuten, der erstmal sinnvoll ist. Dieser Prozess braucht Zeit und kann meiner Erfahrung nach am ehesten gelingen, wenn sich beide auch gemeinsam mit dem Thema auseinandersetzen. Mach dir keinen Druck, dass Du mit der Situation umgehen können musst.

    Im Rahmen von Therapie-/Beratungsangeboten sind häufig auch die Möglichkeit von Paargesprächen enthalten, um die oben beschriebene Problematik gemeinsam bearbeiten zu können. Hat jemand damit schon Erfahrung gemacht?

    Vielen Dank für Eure Antworten. Ich freue mich auf weiteren Austausch.
    Liebe Grüße

    Katharina Weege
    (Fachstellenteam)

  5. #5
    Registriert seit
    04.04.2006
    Beiträge
    49

    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    @Katharina
    Ich bin seit über 10 Jahren "Betroffene"; mein Mann war noch nie länger als 1 1/2 Jahre spielfrei. Und du hast recht, vor einigen Tagen in wieder herausgekommen, dass er gespielt hat.
    Dabei durfte ich dann feststellen, dass ich die letzten 6 Monate wieder belogen wurde. Ich ahnte es bereits, habe versucht mit ihm zu sprechen, aber er hat es vehement abgeschritten.
    Ja ich bin sehr verletzt, weil ich dies halt schon seit Jahren als "normal" hinnehmen muss.
    Ich werde des öftern gefragt, ob ich ihm verzeihen kann ? Sagen wir mal so, ich glaube nicht, dass ich die letzten Jahre vergessen kann. Fühle mich sogar traumatisiert u. bin deswegen selbst in Behandlung. Zeit ? Ja nach 10 Jahren dachte ich eigentlich, dass es irgendwann mal besser wird.

  6. #6

    Standard AW: Ein weiterer Versuch zum Thema des Monats: Spielsucht und Schuldgefühle

    Hallo Nicole,

    habe gerade deine Antwort gelesen und leider nicht viel Zeit zu schreiben, wollte aber doch ein paar Sätze antworten.
    Dass Du dich nach 10 Jahren als Angehörige, mit gerade wieder einem aktuellen Rückfall und Lügen konfrontiert, sehr verletzt und inzwischen auch traumatisiert fühlst, kann ich mir gut vorstellen.
    Ich finde es einen sehr wichtigen Schritt, dass Du dir inzwischen selber Hilfe gesucht hast, gerade weil die Angehörigen selber ja selber kaum Einfluss auf das Spielverhalten des Partners haben und sich deshalb oft sehr hilflos fühlen. Ich hoffe, dass Du mit dieser Hilfe einen Weg findest, mit der Situation umgehen zu können, dich klar abzugrenzen und in deinem Tempo evtl. auch nözige Konsequenzen umsetzen kannst. Ganz wichtig finde ich für dich "gut für dich selbst zu sorgen" und dich nicht zu sehr auf die Suchterkrankung deines Partners zu fokussieren (ist leider in der Praxis oft schwieriger, als es sich anhört, kann aber, gerade mit Unterstützung gelingen).
    Was mich noch interessieren würde: Kannst Du dich finanziell schützen (eigenes Konto, usw.)? Habt ihr schon Paargespräche geführt, in denen auch Du deine Situation und Gefühle schildern konntest?

    Noch ein Gedanke zum Schluss: Es gibt einen Unterschied zwischen Vergessen und Verzeihen. Vergessen solltest Du die Vergangenheit auf keinen Fall. Ob es dir möglich ist Lügen und Verletzungen zu verzeihen und ob das überhaupt ein Schritt in die richtige Richtung für dich wäre, bleibt noch offen.

    Soweit erstmal für heute

    Liebe Grüße

    Katharina Weege
    (Fachstellenteam)

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